Der Boom in unserer Jugendabteilung – Warum Quantität nicht gleich Qualität bedeutet

In unserer Jugendabteilung erleben wir aktuell einen Boom an Spielern und Mannschaften. Doch trotz des Anstiegs an Quantität bleibt die sportliche Entwicklung vieler Kinder hinter den Erwartungen zurück. Veraltete Trainingsmethoden wie stumpfes Rundenlaufen oder langes Warten in der Schlange bremsen die Leistungsfähigkeit unserer jungen Fußballer. Um die Potenziale der Spieler wirklich zu fördern, müssen wir auf moderne Trainingsansätze wie Spielformen setzen, die mehr Ballkontakte, intensivere Bewegungen und reale Spielsituationen bieten. Qualität statt Quantität sollte unser Fokus sein, um den nächsten Entwicklungsschritt im Verein zu erreichen.

FUSSBALL

Jeremy Pape

9/15/20245 min lesen

Der Boom in unserer Jugendabteilung – Warum Quantität nicht gleich Qualität bedeutet

In den letzten Jahren haben wir als Jugendabteilung unseres Vereins einen echten Boom erlebt. Nach langer Zeit des Ringens um Spieler und Mannschaften haben wir es endlich geschafft: Immer mehr Kinder und Jugendliche strömen zu uns, die Trainingsgruppen sind voll, und neue Mannschaften konnten gebildet werden. Was auf den ersten Blick nach einem riesigen Erfolg aussieht – und das ist es auch in vielerlei Hinsicht – hat uns jedoch vor eine ganz neue Herausforderung gestellt. Denn trotz der gestiegenen Anzahl an Spielern und Mannschaften bleibt die sportliche Entwicklung vieler Spieler hinter den Erwartungen zurück. Woran liegt das?

Die Realität in unserem Verein zeigt: Mehr Spieler bedeutet nicht automatisch mehr Qualität. Der Aufschwung an Quantität ist zwar erfreulich, aber er deckt ein grundlegendes Problem auf – nämlich die Qualität des Trainings. Immer wieder sehe ich Trainingsmethoden, die eher dazu führen, dass die Kinder zwar auf dem Platz stehen, aber wenig dazulernen oder sich weiterentwickeln. Wir müssen uns als Verein dringend fragen, ob unsere Trainingsmethoden wirklich dem entsprechen, was moderne Jugendarbeit im Fußball leisten sollte.

Veraltete Trainingsmethoden bremsen die Entwicklung

Es ist kein Geheimnis, dass viele Trainingsformen, die bei uns noch regelmäßig angewendet werden, nicht mehr zeitgemäß sind. Was viele von uns als Trainer vielleicht selbst noch aus der eigenen Jugend kennen, hat sich längst als ineffektiv herausgestellt. Doch trotzdem sehe ich immer wieder dieselben traditionellen Methoden in unseren Einheiten, die die Entwicklung der Spieler eher bremsen als fördern.

1. Stumpfes Rundenlaufen – Keine Entwicklung durch monotone Abläufe

Ein Klassiker, den ich immer noch zu oft beobachte, ist das Rundenlaufen zu Beginn des Trainings. Kinder laufen ohne Ball einfach um den Platz – das soll angeblich das Aufwärmen fördern. Doch in Wirklichkeit ist diese Übung reine Zeitverschwendung. Die Kinder bekommen hier keine fußballspezifischen Bewegungen mit und der Ball, das wichtigste Werkzeug des Spiels, kommt überhaupt nicht zum Einsatz. Warum also vergeuden wir kostbare Trainingszeit mit Laufen, das nichts mit Fußball zu tun hat? Es gibt effektivere Möglichkeiten, die Kinder aufzuwärmen und gleichzeitig ihre Fähigkeiten zu fördern.

2. Lange Schlangen und wenig Ballkontakte

Ein weiteres Problem, das wir in unserem Verein dringend angehen müssen, ist das „Warten in der Schlange“. Typischerweise stelle ich bei den Trainingseinheiten fest, dass oft neun oder zehn Kinder hintereinander aufgestellt werden und nur darauf warten, an die Reihe zu kommen. Dies führt dazu, dass ein Großteil der Trainingszeit einfach mit Warten vergeht. Die Kinder haben nur selten den Ball am Fuß und sind die meiste Zeit passiv.

Das ist nicht nur ineffizient, sondern auch frustrierend für die Spieler. Kein Kind geht gerne ins Training, um hauptsächlich herumzustehen und auf seine paar Sekunden Aktion zu warten. Wenn wir ehrlich sind, leidet darunter nicht nur die sportliche Entwicklung, sondern auch die Motivation.

Warum Spielformen der Schlüssel sind – So sollte es bei uns aussehen

Um diesen Entwicklungen entgegenzuwirken, müssen wir uns als Verein darauf konzentrieren, moderne und effektive Trainingsmethoden in den Vordergrund zu stellen. Spielformen bieten eine hervorragende Möglichkeit, unsere Spieler optimal zu fördern und gleichzeitig den Spaß am Training zu erhöhen. Hier sind einige Punkte, die wir in unserem Verein dringend umsetzen sollten:

1. Spielformen statt stumpfes Rundenlaufen

Statt die Kinder zu Beginn des Trainings um den Platz laufen zu lassen, sollten wir sie sofort in kleine Spielformen schicken. Schon beim Aufwärmen könnten wir 3-gegen-3- oder 4-gegen-4-Spiele auf kleinen Feldern organisieren. Das bringt gleich mehrere Vorteile: Die Kinder sind in Bewegung, sie haben den Ball am Fuß und sie trainieren fußballspezifische Fähigkeiten wie Dribbling, Passen und Schießen. Gleichzeitig wird ihre Entscheidungsfindung unter Druck geschult – etwas, das in einem echten Spiel von enormer Bedeutung ist.

2. Mehr Ballkontakte durch kleine Spielformen

Studien und Praxiserfahrungen zeigen, dass Kinder in kleinen Spielformen (zum Beispiel 4-gegen-4 oder 5-gegen-5) viel häufiger den Ball berühren als in klassischen Trainingsformen. Und das ist ein Punkt, den wir in unserem Verein verstärkt beachten sollten. In einem typischen Training mit langen Schlangen und vielen Wartezeiten haben die Kinder oft nur 30 bis 50 Ballkontakte pro Einheit. In Spielformen jedoch kann diese Zahl auf 200 bis 400 Ballkontakte pro Spieler steigen – ein riesiger Unterschied, der sich unmittelbar auf die technische Entwicklung auswirkt.

Mehr Ballkontakte bedeuten, dass die Kinder häufiger mit dem Ball arbeiten und schneller Fortschritte machen. Sie lernen, den Ball besser zu kontrollieren, gezielter zu passen und schneller zu schießen. Dies sind alles Fähigkeiten, die nur durch regelmäßige Ballberührungen verbessert werden können.

3. Entscheidungsfindung und Spielverständnis

Ein weiterer Vorteil von Spielformen ist, dass sie die Spieler dazu zwingen, Entscheidungen unter realen Spielbedingungen zu treffen. Bei uns im Verein wird oft noch isoliert geübt – zum Beispiel passen die Kinder den Ball in Reihen oder führen Technikübungen durch, die keine wirkliche Spielsituation abbilden. Doch das Spiel selbst besteht aus unvorhersehbaren Situationen, die schnelle Entscheidungen erfordern.

In kleinen Spielformen lernen die Kinder, den Raum zu nutzen, den Gegner zu lesen und auf Druck zu reagieren. Sie entwickeln ihr Spielverständnis und lernen, wann sie den Ball abspielen, dribbeln oder schießen müssen. Diese Fähigkeiten sind entscheidend, um im Spiel erfolgreich zu sein, und sie lassen sich durch realitätsnahe Spielformen deutlich besser trainieren.

4. Mehr Intensität und Bewegung

Ein großer Vorteil von Spielformen ist auch die höhere Intensität. Anstatt in der Schlange zu stehen oder stumpf Runden zu laufen, sind die Kinder ständig in Bewegung. Sie sprinten, kämpfen um den Ball, laufen in freie Räume und agieren sowohl offensiv als auch defensiv. Eine Studie hat gezeigt, dass Spieler in Spielformen deutlich größere Laufdistanzen zurücklegen und intensivere Sprints absolvieren als in herkömmlichen Trainingsformen.

In unserem Verein sollten wir daher die Trainingsgestaltung dahingehend überdenken, dass die Kinder im Training häufiger in Bewegung sind und intensiver arbeiten. Nur so können sie die körperliche Fitness entwickeln, die sie im Spiel benötigen.

Statistik aus Spielformen:

  • Laufdistanz pro Training: bis zu 5-6 km.

  • Anzahl der intensiven Sprints: doppelt so hoch wie bei traditionellen Trainingsformen.

  • Zweikämpfe: 3-mal mehr als in isolierten Übungen.

Qualität statt Quantität – So bringen wir unsere Jugendspieler nach vorne

Der Zuwachs an Spielern und Mannschaften in unserem Verein ist ohne Frage ein positives Zeichen. Doch um langfristig erfolgreich zu sein und die Leistung unserer Jugendspieler zu verbessern, müssen wir uns intensiv mit der Qualität des Trainings auseinandersetzen. Veraltete Methoden wie das stumpfe Rundenlaufen oder das Warten in der Schlange haben im modernen Fußball nichts mehr zu suchen. Wenn wir wirklich wollen, dass unsere Spieler sich entwickeln, müssen wir auf Spielformen setzen, die mehr Ballkontakte, intensivere Aktionen und realitätsnahe Spielsituationen bieten.

Letztlich sollte das Ziel unseres Vereins nicht nur sein, möglichst viele Kinder auf den Platz zu bekommen, sondern sie auch bestmöglich zu fördern. Dazu gehört, dass wir als Trainer und Jugendleiter offen für neue Trainingsmethoden sind und bereit sind, unsere Gewohnheiten zu überdenken. Denn nur so können wir die Qualität steigern und den nächsten Schritt in der Entwicklung unserer Jugendspieler machen.

Es ist Zeit, alte Muster zu durchbrechen und den Fokus auf die Entwicklung zu legen – und das mit Spaß, Spielformen und Intensität!