Braucht die Gesellschaft Gamingfication?
In diesem Beitrag auf ForgedFlow geht es um die Idee der Gamification – also wie spielerische Elemente unser gesellschaftliches Verhalten positiv beeinflussen können
MENSCHLICHKEITGEDANKEN
Jeremy Pape
4/24/20252 min lesen
Braucht die Gesellschaft Gamingfication?
ForgedFlow – das steht für Gedanken im Wandel, Ideen im Fluss, Konzepte, die sich aus Wissenschaft und Beobachtung heraus formen. Hier geht’s nicht nur um Theorien, sondern um die Frage: Was machen wir als Gesellschaft aus diesen Ideen? Heute geht’s um ein Konzept, das längst über die Gaming-Welt hinausreicht: Gamification.
Gamification – mehr als nur Punkte sammeln
Gamification ist nicht einfach „Spielen im Alltag“. Es ist die gezielte Anwendung von Mechanismen, die aus Spielen bekannt sind – wie Fortschrittsbalken, Belohnungssysteme, Levels, Storylines oder Ranglisten – auf Bereiche außerhalb des Spiels. Also: Motivation durch Struktur, durch kleine Herausforderungen, durch Feedback.
Theoretisch fußt Gamification auf psychologischen Konzepten wie dem Self-Determination Theory Model (Deci & Ryan), das zeigt: Menschen sind dann motiviert, wenn sie Autonomie, Kompetenz und soziale Eingebundenheit erleben. Gut gemachte Gamification spricht genau das an.
Das Beispiel Jeremy – Motivation im Alltag
Jeremy ist 17. Er lebt in einer Großstadt, geht zur Schule, hängt viel am Handy, liebt Games – aber seine Motivation, „das Richtige“ zu tun, ist eher schwankend. Müll richtig trennen? Klingt nach Arbeit. Mit dem Rad zur Schule? Meh.
Jetzt stell dir vor, Jeremy hat eine App, die mit seiner Stadt verknüpft ist. Sie zeigt ihm tägliche Mini-Challenges:
„Bring heute Plastik und Biomüll korrekt zur Tonne – +15 Punkte“
„Gehe zu Fuß zur Schule – +10 Punkte“
„Scanne den QR-Code an der Bushaltestelle, wenn du auf Öffis umsteigst – +5 Punkte“
Nach einer Woche hat Jeremy 150 Punkte gesammelt. In der App gibt’s eine „Perk-Seite“. Dort kann er Punkte einlösen – gegen kleine Dinge: Gratis Eistee im Kiosk, digitale Stickerpacks, ein limitiertes Wallpaper von seinem Lieblingsgame, oder einen Gutschein für einen Escape Room.
Was passiert?
Jeremy beginnt, sich mit seinen Freunden zu vergleichen – aber nicht im toxischen Sinne. Niemand wird abgewertet, es gibt keine Strafen. Es ist ein freiwilliger Wettbewerb, ein Spiel. Und er merkt: „Wenn ich mich ein bisschen bewege, bekomme ich was zurück – und irgendwie fühlt es sich sogar gut an.“
Die Theorie dahinter – Gamification als soziales Werkzeug
Gamification ist ein Vehikel, ein Rahmen, der Verhalten in eine neue Erzählung einbettet. Statt „Tu das, weil du musst“, wird daraus: „Tu das, weil es dir was bringt, Spaß macht, Sinn ergibt.“
Es ersetzt keine ethische Bildung. Aber es öffnet Türen zur Beteiligung. Und das ist entscheidend:
In einer Gesellschaft, die von komplexen Krisen geprägt ist – Umwelt, Digitalisierung, Vereinsamung – brauchen wir neue Formen, Partizipation niederschwellig zu gestalten.
Kritik und rote Linien – was Gamification nicht werden darf
In China wird ein Social Credit System getestet, das Verhalten überwacht, bewertet und sanktioniert. Was nach Science-Fiction klingt, ist Realität: Menschen werden dort anhand ihrer „Staatskonformität“ belohnt oder bestraft. Reisen, Kredite, Jobchancen – alles gekoppelt an digitales Verhalten.
Das ist keine Gamification. Das ist ein Kontrollsystem.
Gamification darf nie von oben herab diktieren, wer „gut“ ist. Es darf keine digitalen Klassen schaffen, bei denen nur der mit Geld, Zeit oder Zugang zu Tech profitiert. Keine Blackbox-Systeme, keine Sanktionen, kein Punktabzug fürs Anderssein.
Ein Konzept für die Gesellschaft von morgen
Wenn Gamification richtig gedacht wird, dann:
freiwillig, nicht verpflichtend
spielerisch, nicht manipulativ
vielfältig, nicht standardisiert
gemeinschaftlich, nicht elitär
Perks müssen nicht monetär sein. Digitale Anerkennung, kulturelle Benefits, kreative Einbindung – das ist das Spielfeld. Und es darf nie um Leistungsgesellschaft 2.0 gehen, sondern um Zugehörigkeit und Engagement.
Fazit: Die Zukunft darf spielerisch sein – aber nicht leichtfertig
Gamification kann helfen, Dinge sichtbar und fühlbar zu machen, die sonst untergehen. Verantwortung, Umweltbewusstsein, soziale Nähe – spielerisch gedacht, aber ernst gemeint.
Und vielleicht ist es Zeit, genau das auch mit gesellschaftlichem Handeln zu tun: Es neu zu denken, zu gestalten – und ruhig ein bisschen wie ein gutes Spiel aufzubauen.